Geregelte Arbeitszeiten, Vergütung von Überstunden, Gesundheits- und Kündigungsschutz, Versammlungsfreiheit: Diese Menschen- und Arbeitsrechte suchen wir in der Textilindustrie oft vergeblich. Zwar haben sich in den letzten Jahren zivilgesellschaftliche Organisationen und Regierungen auf der ganzen Welt für bessere Arbeitsbedingungen von Textilarbeiter*innen eingesetzt; dennoch gibt es in dieser Branche noch immer viele Menschenrechtsverletzungen.
Das Land Bremen hat beschlossen, auf eine nachhaltige Textilbeschaffung zu setzen - und unterstützt damit aktiv die Einhaltung von Menschenrechten bei der Herstellung von Dienstkleidung. Seit 2010 die ersten Kittelschürzen für Reinigungskräfte sozial verantwortlich beschafft wurden, hat sich viel getan: Bieterdialoge und Workshops haben Einkäufer*innen, Bieter und Bedarfsträger zusammengebracht und das Verständnis zwischen den Akteuren vertieft. Verwaltungsmitarbeitende hatten Gelegenheit, sich über Arbeitsrechtsverletzungen zu informieren und soziale Siegel kennen zu lernen.
Ein wichtiger Meilenstein war die Schaffung einer zentralen Stelle für die Beschaffung von Dienst- und Schutzkleidung, persönliche Schutzausrüstung und Textilien bei Immobilien Bremen im Jahr 2014. Die Beachtung sozialer Kriterien ist seither selbstverständlicher Bestandteil von Textilausschreibungen.
Hier finden Sie Berichte zu unseren Dialogen und Workshops:
Beispiele für unsere Textilausschreibungen bietet Ihnen der Kompass Nachhaltigkeit:
Arbeitskleidung
Schutz- und Sicherheitskleidung
Wichtige Nachweise für eine nachhaltige Beschaffung sind so genannte Gütezeichen. Für alle Produktgruppen, die in der Bremischen Kernarbeitsnormenverordnung zu finden sind, haben wir in einem Beiblatt die offiziell anerkannten Siegel beschrieben. Für die Textilbeschaffung sind momentan folgende Gütezeichen relevant:
Die Fair Wear Foundation überprüft Sozialkriterien bei ihren Mitgliedsunternehmen. Diese durchlaufen einen Prozess, der die Einhaltung von Sozialstandards in der Konfektionierung von Textilien immer weiter verbessern soll. Die angestrebten Standards gehen über die ILO-Kernarbeitsnormen und damit über die Mindeststandards der Bremischen Kernarbeitsnormenverordnung hinaus: Fabriken sollen existenzsichernde Löhne zahlen und das Recht auf Vereinigungsfreiheit und Kollektivverhandlungen wird aktiv gefördert. Die FWF unterstützt außerdem Aus- und Weiterbildungsangebote für Arbeiter*innen. Es gibt einen unabhängigen Beschwerdemechanismus für Arbeits- und Menschenrechtsverletzungen; Beschwerden von Betroffenen werden auf der Website veröffentlicht.
Die Fair Wear Foundation ist eine Multistakeholder-Initiative, die 1999 in den Niederlanden gegründet wurde.
Die Ethical Trading Initiative (ETI) ist eine Mitgliedsinitiative mit einem ethischen Kodex, der auf den ILO-Kernarbeitsnormen basiert und damit die Einhaltung der Mindeststandards der Bremischen Kernarbeitsnormenverordnung vorsieht. Darüber hinaus werden existenzsichernde Löhne gefordert. Die Sozialstandards gelten auch für Saison- und Zeitarbeiter*innen und für die gesamte Wertschöpfungskette - inklusive Subunternehmen. ETI zertifiziert keine Produkte oder Fabriken, sondern evaluiert 20% der Jahresberichte teilnehmender Unternehmen in einer zufälligen Stichprobe. Wenn Unternehmen nicht ausreichend Fortschritte erzielen oder ihren Verpflichtungen als Mitglied nicht nachkommen, kann ihre Mitgliedschaft beendet werden. Die ETI wurde 1998 als Zusammenschluss von Unternehmen, NROs und Gewerkschaften gegründet. Ziel der Initiative ist die Verbesserung von Arbeitsbedingungen weltweit.
Der FLA- Verhaltenskodex basiert auf Sozialstandards, der u.a. die Einhaltung der ILO-Kernarbeitsnormen und damit der Mindeststandards der Bremischen Kernarbeitsnormenverordnung vorsieht. Er beinhaltet auch eine vage Forderung nach existenzsichernden Löhnen. Die Sozialstandards gelten ebenfalls für Saison- und Zeitarbeiter*innen und Beschäftigte über Subunternehmen. Unternehmen, die der FLA beitreten, verpflichten sich zu zehn Grundsätzen für faire Arbeitsbedingungen und zur Umsetzung des Arbeitsplatz-Verhaltenskodex´ in ihrer Zuliefererkette. Die FLA bietet keine Zertifizierung und akkreditiert keine Marken oder Fabriken. Stattdessen bestätigt der Standard das Managementsystem des jeweiligen Unternehmens, das für die erfolgreiche Aufrechterhaltung von fairen Arbeitsnormen in allen Lieferketten der Firmen erforderlich ist. Die FLA wurde 1999 gegründet. Mitglieder sind Unternehmen, Hochschulen und zivilgesellschaftliche Organisationen.
Textilien, die mit dem Global Organic Textile Standard (GOTS) ausgezeichnet werden, erfüllen sowohl ökologische als auch soziale Kriterien. Im sozialen Bereich verlangt das Gütezeichen die Einhaltung aller ILO-Kernarbeitsnormen und weiterer ILO-Konventionen in der gesamten Wertschöpfungskette - mit Ausnahme des Transports - und erfüllt damit die Mindeststandards der Bremischen Kernarbeitsnormenverordnung. GOTS-zertifizierte Textilien enthalten zu mindestens 70% kontrolliert biologische Fasern und sind frei von gentechnisch veränderter Baumwolle. Das im Standard enthaltene Verbot zur Verwendung von gefährlichen Chemikalien reicht über die gesetzlichen Anforderungen hinaus.
Siegel-Inhaberin ist die Global Standard gGmbH, die von einem Zusammenschluss verschiedener Organisationen gegründet wurde, u.a. IVN/Deutschland, Soil Association (England), Organic Trade Association (USA) und Japan Organic Cotton Association (Japan).
Textilien mit diesem Gütezeichen bestehen aus mindestens 80% Fairtrade-Baumwolle, bei deren Anbau hohe soziale und einige ökologische Kriterien erfüllt werden. Im sozialen Bereich gehen die Anforderungen weit über die ILO-Kernarbeitsnormen hinaus; die Mindeststandards der Bremischen Kernarbeitsnormenverordnung werden erfüllt. Wesentlicher Bestandteil des Gütezeichens ist der Faire Handel. Fairtrade garantiert Bauern und Bäuerinnen feste Mindestpreise für ihre Baumwolle; es wird zudem eine Fairtrade-Prämie gezahlt, die für gemeinnützige Projekte vor Ort vorgesehen ist. Handelsbeziehungen müssen langfristig angelegt sein. Bäuerinnen und Bauern erhalten Schulungen und Beratung, wie sie – auch unter ökologischen Gesichtspunkten - ihren Baumwollanbau verbessern können. Fairtrade-Baumwolle ist frei von Gentechnik und es gibt eine Liste von besonders schädlichen Pestiziden, die im Anbau nicht verwendet werden dürfen.
In Deutschland vergibt der 1992 gegründete Verein TransFair e. V. das Siegel an Produkte, die nach den Standards der Fairtrade Labelling Organisation produziert werden.
Informationen zu den Arbeitsbedingungen in der Textilindustrie finden Sie hier:
Kampagne für saubere Kleidung
Grüne Mode & Arbeitsbedingungen in der Textilindustrie
FEMNET - über Arbeitsbedingungen in Produktionsländern
Arbeits- und Menschenrechte in der Textilindustrie